RÜCKBLICK
Virtuelles Café – Auf ein Wort mit Ministerin Werner - Petra Neigefindt - Roswitha Weitz
"Betriebliche Suchtprävention braucht Unterstützung – Welche?"
Im Virtuellen Café der Thüringer Arbeitgeber und Wirtschafsverbände hieß es am Donnerstag wieder "Auf ein Wort Frau Ministerin... zum Thema Betriebliche Suchtprävention braucht Unterstützung – Welche?
Zu Gast waren Heike Werner, Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie; Petra Neigefindt, Mitarbeiterin Personalentwicklung und Beauftragte für Betriebliches Eingliederungsmanagement, AWO AJS gGmbH und Roswitha Weitz, Geschäftsführerin des IWT-Instituts der Wirtschaft Thüringens.
Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmer und Expertinnen und Experten für Suchtprävention diskutierten über betriebliche Suchtprävention. Nach einer kurzen Slido-Befragung hatte die Hälfte der Gäste bereits Erfahrungen mit betrieblichen Suchtproblemen und 40 Prozent noch keine. Im Zentrum des Gesprächs standen die Erfahrungen, die im Modellprojekt zur betrieblichen Suchtprävention gesammelt wurden. Das Projekt wurde vom Thüringer Gesundheitsministerium und der AOK Plus finanziert und vom Präventionszentrum für Suchthilfe in Thüringen begleitet. Das Institut der Wirtschaft Thüringens (IWT) evaluierte das Projekt.
Hier einige Auszüge aus der Diskussion:
"Der Druck auf Beschäftigte und Unternehmen steigt und psychische Erkrankungen und Suchtprobleme haben zugenommen. Das ist schwierig für Führungskräfte, Beschäftigte und deren Umfeld. Der Alkoholkonsum in Deutschland ist sehr hoch und führt zu Fehlzeiten, Unfällen und Fehlern. Die Statistik spricht von fünf Prozent Erkrankten bei Beschäftigten und etwa zehn Prozent bei Führungskräften. Das verursacht 1,5 Millionen Euro Kosten für die Krankenkassen. Das Ausmaß der Belastungen ist noch zu wenig erforscht. Seit 25 Jahren gibt es Präventionszentren in Thüringen mit Beratung und betrieblichen Vereinbarungen. Seit der Landesgesundheitskonferenz 2016 arbeiten verschiedene Akteure enger zusammen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung und es gibt eine Kooperationsvereinbarung zur betrieblichen Suchprävention zwischen dem Gesundheitsministerium, der AOK Plus, Präventionsakteuren und dem IWT."
Heike Werner, Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (Bildquelle: TMASGFF)
"Wir waren an dem Modellprojekt als Einrichtung beteiligt. Wir führen Gespräche mit Beschäftigten, die eine Auszeit aus gesundheitlichen Gründen brauchen. Dazu gehört auch der Konsum von Suchtmitteln. Diese Menschen empfinden Unsicherheit, Scham und es führt oft zu Schweigen bei Beschäftigten und Führungskräften. Sie stellen sich oft die Fragen: Wie spreche ich diese an? Die AJS hat seit 2016 das Thema auf der Agenda mit Vereinbarungen und Suchtbeauftragten. Zahlen bezüglich des betrieblichen Gesundheitsmanagements für 2016 und 2017 lassen einen stetigen Anstieg der Suchtfälle beobachten. Die Führungskräfte signalisierten Unterstützungsbedarf. 2019 gab es Kontakt zur Suchthilfe und es fand eine gemeinsame Befragung der Einrichtungsleitungen statt. Erfragt wurde: Gibt es Beschäftigte mit Suchterkrankungen? Gibt es Pflichtverletzungen? Gibt es Handlungsbedarf?"
Petra Neigefindt, Mitarbeiterin Personalentwicklung und Beauftragte für Betriebliches Eingliederungsmanagement, AWO AJS gGmbH, Erfurt
"Wir waren am Modellprojekt beteiligt und es wurde gut angenommen. Die Führungskräfte wurden geschult, insbesondere der präventive Gedanke war wichtig."
Iris Köbe, Thüringen-Kliniken "Georgius Agricola" GmbH, Saalfeld
"Wir haben Erfahrungen mit Suchtkranken, aber noch nicht mit Suchtprävention. Wir stehen am Anfang. Es betraf in unserem Betrieb der Textilindustrie zwei Auszubildende. Ich habe mich als Geschäftsführer selbst darum gekümmert. Wir sind eine kleine Firma."
Christoph Müller, strickchic GmbH, Apolda
"Wir haben eine detaillierte betriebliche Vereinbarung seit 1995. Leider wird das in der betrieblichen Praxis noch zu wenig gelebt."
Ute Richter, betriebliche Suchtberaterin, Hermes Fullfilment GmbH, Ohrdruf
"Ich bin Sicherheitsfachkraft und habe Erfahrungen mit Problemen von Mitarbeitern bei Alkohol und Drogen. Entscheidend ist, dass das Vorgehen, die Absprache im Betrieb geregelt und vor allem gelebt wird."
Knut Böttner, Beauftragter für Suchtfragen und Sicherheitsfachkraft, Hako GmbH, Werk Waltershausen
"Ich möchte darauf verweisen, dass wir den Unterschied zwischen Suchtprävention und Suchtintervention berücksichtigen müssen, auch mit Blick auf die Beratungsinfrastruktur."
Sebastian Weiske, Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e.V.
"Die Studierenden dürfen nicht vergessen werden. Bei uns sind es vor allem Drogenprobleme. Wir haben zwei Mitarbeiterinnen, das reicht nicht, um sie zu erreichen."
Andrea Krieg, TU Ilmenau
"Wir hatten an dem Modellprojekt als Krankenkasse auch ein Eigeninteresse. Unser Interesse ist es, dass die Beschäftigten gesund bleiben und wir haben natürlich auch die Kosten im Blick. Das seit 2019 bestehende Netzwerk ist ein gutes Format alle Beteiligten zusammenzubringen und die betriebliche Suchtprävention weiter auszubauen. Wir unterstützen das Thema weiter."
Heiko Kotte und Katja Hildebrandt, AOK Plus
"Es gibt noch viele Themen, an denen weitergearbeitet werden muss und das werden wir tun."
Heike Werner, Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
Ergebnisse der Erhebung zur betrieblichen Suchtprävention in Thüringen. Erhebung und Ausblick 2019/2020, Roswitha Weitz, Geschäftsführerin des IWT-Instituts der Wirtschaft Thüringens
Aufgezeichnet von Dr. Ute Zacharias
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