Rot-rot-grüne Energiebilanz: Wie nachhaltig ist die Energiepolitik für die Wettbewerbsfähigkeit Thüringer Unternehmen?
Rot-rot-grüne Energiebilanz: Wie nachhaltig ist die Energiepolitik für die Wettbewerbsfähigkeit Thüringer Unternehmen?
Nachhaltig zu produzieren ist für Thüringer Firmen längst Managementaufgabe. Zugleich gehört Thüringen bundesweit zu den Ländern mit den höchsten Energiepreisen. Stetiger Anstieg der Strompreisbestandteile führt zu wachsenden Standortnachteilen. Die Vielzahl regulatorischer Eingriffe in Markt und Wettbewerb sowie unzählige Richtlinien, Gesetze und Verordnungen im Energiesektor erfordern darüber hinaus einen verstärkten bürokratischen Aufwand. Was brauchen die Firmen?
Im Podium diskutierten:
Moderiert wurde die Veranstaltung von Sina Reeder vom MDR.
Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund diskutiert mit Unternehmern die rot-rot-grüne Energiepolitik
"Rot-rot-grüne Energiebilanz: Wie nachhaltig ist die Energiepolitik für die Wettbewerbsfähigkeit Thüringer Unternehmen?", diese Frage stand zum 34. Unternehmerdialog im Haus Dacheröden auf der Agenda.
Hartmut Koch, AGVT-Vorsitzender, machte deutlich, dass nachhaltig zu produzieren für Thüringer Firmen längst Managementaufgabe sei. Zugleich gehöre Thüringen bundesweit zu den Ländern mit den höchsten Energiepreisen. Stetiger Anstieg der Strompreisbestandteile führe zu wachsenden Standortnachteilen. Die Vielzahl regulatorischer Eingriffe in Markt und Wettbewerb sowie unzählige Richtlinien, Gesetze und Verordnungen im Energiesektor erfordere darüber hinaus einen verstärkten bürokratischen Aufwand.
Doch was brauchen die Firmen? Gleich zu Beginn warb die Ministerin dafür, dass Klimawandel nicht aufzuhalten und Innovationstreiber sei. "Die Landesziele der CO2-Reduzierung sind mit denen des Bundes identisch. Thüringen will bis 2050 das CO2 zu 95 Prozent reduziert haben", sagte die Ministerin. Dass Klimaschutz Priorität habe, sei klar, dennoch könne er nicht nur auf Bundes- oder Landesebene, sondern nur global betrieben werden, sagte Sybille Kaiser, Geschäftsführerin, Porzellanfabrik Hermsdorf. Sie machte weiter deutlich, dass sich der Energiepreis in mehr als zehn Jahren verdoppelt habe. "Wir haben in drei Jahren vier Millionen investiert, um effizienter zu produzieren. Doch der Wettbewerbsvorteil wird von den Kosten aufgefressen. Die Energiekosten auf das Produkt umgerechnet, machen 20 Prozent aus ", sagte Sybille Kaiser. Auch die von Ministerin Siegesmund angeführten Programme verursachen viel Aufwand, bringen nicht den Erfolg und passen nicht alle, so Kaiser.
Dr. Eberhard von Rottenburg, vom Bundesverband der Deutschen Industrie, bestätigte, dass Bundes- und Landesziele sich bei der CO2-Einsparung decken. "Dennoch rechnen sich 80 Prozent er notwendigen Investitionen für die Unternehmen nicht, ergab die BDI-Studie zum Klimaschutz. Sie sind für viele Unternehmen, die am Weltmarkt agieren, nicht rentabel. Die BDI-Studie ergab, dass 1,5 Billionen Euro bis 2050 investiert werden müssten" so von Rottenburg. Viel wichtiger, so von Rottenburg weiter, sei es doch, die ideologische Zieldebatte endlich zu beenden und über Maßnahmen zu reden. "Dazu gehört auch, die Sanierung von Gebäuden. Die Politik kommt nicht zu den Maßnahmen. Wir brauchen in Deutschland ein Modell, dass so überzeugt, dass andere Länder nachziehen können", so von Rottenburg.
Anja Siegesmund verwies darauf, dass der Bund immer noch kein Klimagesetz habe und Thüringen eins von neun Ländern sei, dass ein solches verabschiedet habe. Darauf bezog sich Dr. Jörg Lenk, Verband für Energiehandel Südwest-Mitte, und verwies darauf, dass sein Verband, der in fünf Ländern präsent sei, an dem Thüringer Klimagesetz mitgearbeitet habe, es aber nicht für geeignet halte, Probleme zu lösen. "Die Firmen werden verpflichtet, zu viele Daten zu liefern, das Gesetz benennt nicht die Kosten für die Firmen und beschloss Verordnungen, die im Kabinett beschlossen wurden und damit am Landtag vorbeigehen", sagte Lenk. Die Ministerin entgegnete, das Klimagesetz sei verabschiedet, die Wirtschaft habe keine Nachteile und verwies darauf, dass das Land Unternehmen neben Förderprogrammen auch Beratung anbiete.
Eine besondere Herausforderung für seine Unternehmen, das Zellstoff und Papier produziere, beschrieb Wolfram Ridder, Vice President Business Development von Mercer International, bestehe darin, dass sie zu hundert Prozent energieautark produzieren und auch Energie in das Netz einspeisen. "Wir haben kein Problem mit Klimazielen. Unser Problem besteht darin, dass wir die Richtung kennen, aber nicht die Schritte, die dahinterstehen. Zellstoff-Fabriken investieren sehr langfristig. Für deutsche Verhältnisse sind wir mit der Produktion von 700 000 Tonnen Papier im Jahr sehr groß, aus Weltmarktsicht sehr klein. Wir decken 30 Prozent davon ab, was am Weltmarkt üblich ist. Wir produzieren in Deutschland in sechs Firmen, was in Kanada an einem Standort produziert wird", sagte Ridder.
Alle Diskutanten waren sich darüber einig, dass Klimaschutz, energieeffiziente und nachhaltige Produktion prioritär zu behandeln sei. Dennoch sind die Investitionen extrem hoch. Sybille Kaiser machte das eindrücklich deutlich: "Wir produzieren mit unseren Lüftungen zu 90 Prozent für den Klimaschutz. Unsere größten Konkurrenten sitzen in China. Ein Joint Venture mit China lehne ich ab. Doch es stellt sich die Frage, wie lange können wir uns die hohen Kosten energieeffizienter Produktion noch leisten." Die Umweltministerin machte wiederholt deutlich, dass diejenigen Firmen, die sich entschieden haben, innovativ zu sein, von der Politik unterstützt werden und bot Sybille Kaiser konkrete Gespräche vor Ort an.
Dr. Ute Zacharias
Pressesprecherin
Impressionen vom Unternehmerdialog am 29. April 2019 aus Haus Dacheröden:
Fotos: Holger John
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